Früher Aufbruch von Vent im Dunkeln, wo wir wie vor zwei Jahren im Haus Elisabeth übernachtet haben. Nach einem kurzen Umweg durch den Ort finden wir die Brücke über den Niederjochbach und fellen am unteren Pistenrand an. In der Morgendämmerung über die Piste zum breiten, nicht zu verfehlenden Zufahrtsweg zur Martin Busch Hütte. Ein Schneehase kreuzt unseren Weg, die Vögel zwitschern, Frühling liegt in der Luft.
Wir folgen dem Lauf des Niederjochbachs, der uns mal tief eingeschnitten von steilen Felsen, mal unter einer Schneedecke verborgen für die nächsten Stunden begleitet. Bald zeigt sich der Similaun am Horizont, vom Gipfel abwärts nach und nach in Sonnenlicht getaucht, man kann dem Schatten beim Wandern zusehen. Kurz vor der Martin Busch Hütte wird die Aufstiegsspur in einer langen Rechtskurve steiler und härter, den Gedanken an die Harscheisen verwerfe ich aber, als die Hütte nach insgesamt ca. 2,5 Stunden Gehzeit in Steinwurfnähe auftaucht. Zweites Frühstück in der Morgensonne an der Hüttenmauer, dann weiter dem Niederjochbach folgend an den unteren Rand des Niederjochferner, einem eher spaltenarmen Gletscher. Der übliche Winteranstieg zum Similaun führt von hier entweder über die Similaunhütte oder direkt und etwas steiler über die östliche Gletscherhälfte zum Nordwestrücken – wir entscheiden uns für zweiteren. Die Westflanke des Similaun im Blick, machen sich langsam die Höhe und der lange Hatscher, den wir bereits in den Beinen haben, bemerkbar, mir geht kurz ziemlich die Luft aus. Vom Schidepot – erleichtert um das Gewicht des Rucksacks und nach einer kurzen Pause wieder hergestellt – mit Steigeisen in einer gut ausgetretenen Spur in ca. einer halben Stunde zum Gipfel, wo sich ein gewaltiger Rundblick auftut. Wir schauen erschöpft und glücklich auf die Wildspitze im Norden, die Hintere Schwärze im Osten, die Ortlergruppe im Süden und die Weisskugel im Westen.
Auf den problemlosen Abstieg folgt eine schöne und schnelle Gletscherabfahrt auf griffigem Schnee zur freundlichen Similaunhütte. Dort ist die Stimmung gut, der Wirt nett, das Bier kalt, die Aussicht – dominiert von unserem heutigen Gipfel – phänomenal und das Abendessen ein Traum. What a day!
Karl-Heinz
Herzlichen Glückwunsch zu dieser Ötztaler-Gewalttour, zu den herrlichen Fotos und zur teilweise schon literarisch anmutenden Qualität des Textes! Ein Genuss zu schauen und zu lesen.